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Entstehung
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aufstellten. Gegenüber dem Obrigkeitsstaat aller Vorzeit ist derStaät der Neuzeit ein Volksstaat , der sich durchsetzt, wo immer derMensch zum "Menschen" erwacht, ein Staat, den das Volk als seineeigene Sache empfindet, auch wenn es seinen Beauftragten in Krisen=zeiten alle Macht in die Hand legt.

Dem Obrigkeitsstaate gegenüber setzte sich der Volksstaatmit dem Mittel der Revolution durch. Freilich musste das, was dieRevolution formal vorwegnimmt, oft unter schweren Rückschlägen underst in zäher Kleinarbeit zum dauernden Besitzstand erhoben werden.Wie sehr die "Väter" der amerikanischen Demokratie das Recht desWiderstandes Hochhielten, dafür ist ein Brief Jeffersons an Madisonvom 30. Januar 1787 bezeichnend, aus Anlass niedergeschlagener Un=ruhen in Boston:   "Ich bin der Meinung, dass dann und wann ein Auf=stand eine gute Sache und in der politischen Welt so nötig ist,wiedie Stürme auf dem Meere. Die Anerkennung dieser Wahrheit sollteehrenwerte Regenten nachsichtig in der Bestrafung von Aufständenmachen."

Auch der Volksstaat als Regierung nicht nur für das Volk,sondern auch durch das Volk, widerspricht der geschichtlichen Er=fahrung. Stets haben wenige die vielen regiert - bei richtigerFührerauswahl zum Vorteil der vielen - und auch in der neuzeitigenDemokratie istn das im Grunde nicht anders. Aber früher regicr=ten die wenigen oder der eine aus eigener Macht, aus eigenem Rechte,das vielfach durch göttliche Berufung legalisiert wurde: die gott=gesetzte Obrigkeit^. Heute ist es auf demokratischem Boden das Volkvon Gottes Gnaden . Die Wenigen oder Ber Eine, in deren Hand die po=litische Gewalt sich sammelt, regieren als Beauftragte und Verträumstmänner des Volkes und müssen in kürzeren Zeiträumen sich diesen Auf=trag^ neu bestätigen lassen. Die Technik für diese Feststellung ist