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durchzieht. Den Europäer erstaunt die Höflichkeit , die er an Post=Schaltern und von Mitreisenden, In Hotels, Banken und Bahnhöfen er=fährt, die Frauen und Kindern gegenüber a-Ls Hilfsbereitschaft sichsteigert - Praxis der Humanität! So erlaubt ein neuzeitiges Quäker=büchlein, das altvaterische Verbot des Hutgrusses einer Dame gegenüberdann aufzugeben, wenn man vor dem Dienstmädchen der Dame den Hut mitgleicher Höflichkeit ziehe. Kein verachteter Beruf, auch nicht derKellnerin oder Fabrikarbeiterin! Keine Knechtsgesinnung, aber keinRessentiment gegen Millionäre. Statt "Ladies and Gentlemen" heisst es"men and women" oder besser noch "boys and girls", auch solche mitgrauen Haaren.
Früher als irgend ein anderes Land verwirklichte Amerika dieGleichberechtigung der Geschlechter , die sich in der Achtung vor demWeibe, sowie in freier Kameradschaftlichkeit vor und in der Ehe äus=sert. In dem so weit verbreiteten dienstbotemlosen Haushalt übernimmtder Mann willig die schweren Hausarbeiten, vor allem die Heizung. Beigeringerer geschlechtlicher Spannung als in Europa ging die Prostitu=tion zurück, gewann dagegen das aussereheliche Verhältnis auf demBoden der Birth Controll Ausdehnung. Immerhin hat Mann wie Ben Lindsey auf Grund seiner beruflichen Erfahrung als Jugendrichter diese "Re=volte der Jugend" überschätzt. Für breite Schichten der weiblichenAngestellten, Stennotypistinnen wie Ladnerinnen, gilt die Ehe als Zielund Abschluss des Flirts,ä eine Auffassung , der Geschichte wie öffent=liehe Meinung entgegenkommen.
Die Arbeitsteilung, welche den Mann in die Wirtschaft verweist,und der Frau die kulturelleren Gebiete anvertraut, bedroht Amerika mitder Frauenherrschaft. Die grosse Hehrzahl aller Lehrkräfte sind Lehre=rinnen. Aber das innerste Wesen der Frau sucht mehr im Manne als den