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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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590 Der Kampf zwischen Österreich und Preußen und die Begründung ic.

das nicht ganz 20 Kilometer oberhalb Münchengrätz an der Jserliegt. Nach Besetzung von Münchengrätz, Turnan nnd dem da-zwischenliegenden Podol waren also die Elbarmee und FriedrichKarl vereinigt. Die zweite Armee, die etwas schwächer, nicht ganz130 000 Mann stark war, stand unter dem Oberbefehl des Kron-prinzen in Waldenburg nnd Glatz, von der ersten Armee durch weiteund schwierige Gelände getrennt. Sie stieß am 22. Juni ans dreiStraßen nach Böhmen vor: das Korps Bonin über Liebau nachTrautenau, die Garde über Braunau , Steinmetz über Nachod nachSkalitz. Die Aufgabe des Kronprinzen war überaus gefährlich,und Moltke hatte deshalb dem Prinzen Friedrich Karl Befehl ge-gebendurch rasches Vorgehen" die Österreicher zu hindern, sichmit Überlegenheit auf den Kronprinzen zu werfen, während diesersich durch das schwierige Bergland winde. Aber anch die Aufgabeder ersten Armee konnte sich bedrohlich gestalten.

Der Plan Moltkes, die Heere in so weiter Entfernung von-einander einmarschieren und ihre Vereinigung vor dem Feinde suchenzu lassen, war von ungewöhnlicher Kühnheit und ist von hervor-ragenden Militärs als unklug getadelt worden, als ein Plan, dernur durch Umstünde geglückt sei, auf die Moltke nicht Wohl haberechnen können. Jede der drei Armeen hatte schwierige Abschnittezu überwinde», Abschnitte, in denen sie leicht unüberwindlichenWiderstand finden, und deren Ausgünge sie nnr in vereinzeltenAbteilungen erreichen konnte, bedroht von der Gefahr eines Angriffsdurch eine Überzahl von Feinden, die sich hatten ausruhen undsammeln können und durch die bessere Ortskuude unterstützt waren.Moltke hatte sich diese Gefahr selbst nicht verhehlt; er entschiedsich trotzdem dafür, weil er so die Heere schneller an der Grenzesammeln konnte und weil er auf die Truppe» vertraute; dabei hüteteer sich, die Führer durch Einzelvorschriften zu binden, er gab nurdie allgemeinen Weisungen und betonte nachdrücklich, daß sie inder Ausführung nach den Umständen die Entscheidung selbst treffensollten.

Das Umgekehrte geschah im österreichischen Hauptquartier: überden allgemeinen Plan blieben die Generale im unklaren, dagegenempfingen sie Befehle über Einzelheiten, und oftmals wider-