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übertriebener geistiger Werth oder in Ermangelung geistigen Wertheseine übertriebene Charakterfestigkeit beigelegt worden ist. Alle waren ingleichem Maße erfüllt von jener unleidlichen Selbstvergötterung, welcheaus der wörtlichen Auffassung des Gottesgnadenthums allerdings sichvon selbst darbietet. Als Gesalbte des Herrn waren sie zunächst sichselbst der Gegenstand der höchsten Verehrung, gleich nach sich selbstkam ihnen allen ebenso unfehlbar der Gamaschenknopf. In uner-freulicher Reihenfolge sehen wir bald wollüstigen Mysticismus, balddürre Strenggläubigkeit oder romantische Anwandlungen und unaus-rottbaren Kleinmuth an uns vorüberziehen und als letztes Resultateine herumtastende, überschlaue, schließlich unfähige Diplomatie.
Man vermochte weder sich gegen die österreichische Suprematiezu erheben, noch sich ruhig in sie zu fügen. Die Eifersucht und dasMißtrauen aus Friedrichs kampfbewegter Zeit blieben zurück, aber dieThatkraft war entwichen. Man bekriegte an Oesterreichs Seite dieRevolution, während man ihm gleichzeitig in Polen in offener Feind-seligkeit gegenüberstand. Wie die Cabinette, bissen sich die Generaleunter einander herum, jeden Augenblick weigerte sich Einer auf denRuf eines verbündeten Anführers zu marschiren, erbitterte ihn durchallerlei kleinliche Schikanen, Beschuldigungen und Geld-Bedingungen.Diese feindliche Brüderschaft fand ihr natürliches Ende in dem Se-paratfrieden von Basel .
In der Reihe der Epigonen war derjenige, welcher am längsten re-gierte, wohl der unbedeutendste. Friedrich WilhelmIII. ,derZeitgenosse derfranzösischen Revolution, des Kaiserreichs, der Restauration und derJulimonarchie, also eine so lange wechselvolle und tiefbewegte Zeithindurch im Vordergrund der Ereignisse, erscheint von Ansang biszu Ende als ein dürftiges Naturell, ohne Geistes- und ohne Cha-rakterschwung. Die offiziellen Lobredner haben seine trockene Nüch-ternheit, welche übrigens unter Umständen zur finsteren Härte aus-