Eine Mutter.
Ein feiner Mairegen rieselte nieder. Still lag die Gasse innächtlichem Dunkel. Hier und dort niedrige langgestreckte Bauten.Dann ein stattliches Haus, behäbig und bodenständig, neuzeit-licheren Stils. Gegenüber ein großer Garten, aus dem der zarteDuft voll erblühter Bäume und Ziersträucher von kühlem West-wind getragen zu seinen Jenstern drang, deren drei des oberenStockwerkes offen standen.
Gb das wohl ihre Iimmer waren?
Zm nahen Weinbergshang schlug verträumt eine Ämsel an, dannschluchzte leise eine Nachtigall, schwieg, klagte wieder, lauter, eindring-licher — verstummte jäh, als erschrecke sie über den eigenen Lang.
Nichts rührte sich. Todesstille.
Stille des Todes — ja, die war es. Hart wuchtete sieauf der verödeten Gasse, grausig lastete sie über des HausesDach, hüllte sein Massiv in schwarze Nebelschleier, durch die nurdie blanken Scheiben blinken, an denen Regentropfen wie Tränender Trauer schmale Linien, zitternde Zurchen zogen ohne Unterlaß.
Gft hatte sie an einem dieser Fenster gestanden, sinnendhinausgeblickt in die leuchtende Sonne, die hinter Giebeln zurRüste ging. Sonne um sich und Wärme, weil sie selbst Licht undLiebe in sich trug.
And wer einkehrte bei ihr, dem gab sie davon. Den Freun-den, den Verwandten, und aus vollem heißem Herzen dem Eigenen,dem Mann, den Kindern, den Enkeln. Keiner schied von ihr,ohne zu empfangen, jedem wurde eine Gabe. Man hat sie ge-priesen als Wohltäterin der Armen; Reichtümer aber verschenkte sieaus nimmermüden Händen an jene, denen ihre mütterliche Sorge galt.
Still lebte sie ihren Pflichten. Je ernster sie waren, umso wortloser erfüllte sie jene. Wenn es galt, dem Ehegefährten,den Kindern ebene Wege im eigenen Heim zu schassen, Steinebeiseite zu räumen, war sie die erste, welche sich bückte. Ueber-all empfand man ihre ordnende Hand, ihren ausgleichenden Sinn,ihr eigenes, Ruhe spendendes Wesen. Sie war der Mittelpunktder großen Familie. Von ihr ging alles aus, zu ihr kehrten
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