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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Journalist und Volksredner.

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zog Tausende herbei. Seine markige Figur ist bekannt, wie die Bona-partes ."

Die furchtbare Wahrheit drang nur langsam durch. Am9. November des Morgens um halb acht Uhr war Blum in derBrigittenau zu Wien erschossen worden. Tags hindurch gingnur eine dumpfe Beunruhigung in Frankfurt und in dessen Näheum. Mehrmals wurde in der Paulskirche interpelliert, ohne daßdie Reichsregierung bestimmten Bescheid geben konnte. Erst am14. November wurde von ihr offiziell der Nationalversammlungdie Mitteilung gemacht; am Abend kam sie zu uns nach Mainz ;am folgenden Tag lag eine Bestürzung und Erregung ohne-gleichen über der ganzen Stadt. Die Schiffe, das Rheinuferentlang, zogen alsbald ihre Flaggen auf Halbmast. Uuferdemokratischer Verein beschloß sofort eine große Trauerfeier nocham selbigen Abend zu veranstalten. Mir, als dem Vorsitzenden,wurde zugleich die Aufgabe zugeteilt, die Rede zu halten. EinerVorbereitung dazu bedürfte es damals bei mir nicht. Leiden-schaft und tägliche Übung ließen mich außer Sorge, daß es mirgelingen werde. Auch mußte ich am selbigen Vormittag nocheiuen großen Leitartikel für meine Zeituug schreiben, die ich jetztjeden Tag mit einem solchen versah; mein Name figurierte seitdem 6. November auch wieder neben dem von Bölsche in derAngabe der Redaktion.

Der Leitartikel war schon ein formidabler Ausbruch. Erüberschrieb sich:Ein Sieg der Monarchie". Aber seine Tendenzging dahin, daß es nunmehr definitiv aus sei mit der Monarchie.

Um eine Probe des Tones zu geben, in dem sich die Be-trachtung erging, führe ich uur folgende, gegen deu Schluß hinzu lesende Stelle an:

Das Geschlecht, dem der Gedanke durch die Seele gezuckt hat:Windischgrätz hat Robert Blum erschießen lassen! dieses Geschlechthat das Königtum begriffen und verurteilt und wird es nicht tragen;die Monarchie ist nnwiderbringlich verloren!"

Dabei standen wir doch unter dem Regiment eines Groß-herzogs, der auch ein Monarch war. Aber dies und ähnlicheswar nur Präludium. Die Rede selbst sollte es noch ganz andersbringen.