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Karl Helfferich zum Gedächtnis : [Reden am Sarge in Mannheim am 30. April 1924]
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Helfferich und ihn allein für die angeblich so falsche Finanz-und Kriegsanleihepolitik und für sein wechselndes Verhaltenin der Frage des unbeschränkten U-Bootkrieges, vor demer eindringlichst gewarnt hatte, den er aber am Schlüsse dochals Stellvertreter des Reichskanzlers mit vertrat, verantwortlichzu machen. Erst Hosianna und dann: Kreuzige, kreuzige ihn!Und doch gab es in Wahrheit keine Helfferich-Politik in diesemSinne. Denn die letzte Verantwortung und die letzte Ent-scheidung für die Geschicke Deutschlands trug nicht er, und,so weit er beteiligt war an diesen Entscheidungen, unterlagauch er unüberwindlichen Hemmungen von dritter Seite, überdie er sich selbst noch manchmal bis in die letzte Zeit hineinin vertrauter Aussprache mit uns aufs bitterste beklagt hat.Diese Hemmungen, die seine eigene Politik durchkreuzten,sind unmißverständlich in seiner VerteidigungsschriftDerWeltkrieg" von ihm wiedergegeben; sie lagen vornehmlichin der Abneigung des Parlamentes, die Kriegsfinanzierungdurch Anleihen auf dem Wege einer stärkeren Besteuerungzu ergänzen, in der Uneinheitlichkeit der deutschen Gesamt-politik und der Schwierigkeit des bundesstaatlichen Apparates,der sich damals den Kriegszeiten noch nicht anzupassen gewußthatte. Von dieser schriftlichen Verteidigung abgesehen, istmir aber unvergeßlich eine andere Verteidigung, zu derHelfferich aus zufälligem Anlasse im Reichstage Gelegenheitfand und die sein Verhalten in der U-Bootfrage betraf. Eswar am 2z. Juni 192z, als er von der Tribüne des Reichstagesaus die Ereignisse behandelte, die ihn veranlaßt hatten, in jenerFrage äußerlich von einem Saulus zum Paulus zu werden.Bethmann-Hollweg habe ihn unter Berufung auf eine Szenezwischen Bismarck und dem alten Kaiser am Portepee genom-men und ihm gesagt:Sie sind auch nur ein Mensch, Siestehen jetzt, nachdem sich alle anderen bekehrt haben, allein.Wollen Sie mit Ihrem doch auch nur menschlichen Verständesagen, daß Sie allein Recht haben? Es geht nicht vor dem

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