Druckschrift 
Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
Entstehung
Seite
XLV
Einzelbild herunterladen
 

XI.V

hatte, und nun noch gar, wenn nicht blos die Arzneikunde fortge-schritten, nicht blos der Charakter der Krankheit bedeutend nrodifizirtist, sondern auch die vor zwanzig Jahren mit Blutentziehung behan-delten Kranken an der Heilmethode gestorben sind! Wenn wir ein-mal weder im Schooß der Urschöpfnng noch am ätherblauen Himmeldes von der Erde abgezogenen Denkens unsere Programme für dieWeltzustände zu suchen uns gewöhnt haben werden, sondern im Stu-dium der Vervollkommnungen, die sich Tag für Tag auf dem Gebietdes Lebens erreichen lassen, dann werden wir die Politik auf den Bodengebracht haben, auf dem die moderne Wissenschaft steht, und aus demsie weder dem Unveränderlichsten noch dem Meistversprechenden blüht.

Damit wird nicht die Herrschaft der Prinzipien aufgehoben, noch vielweniger ihr Halt im Geist der Massen erschüttert. Letzteres geschieht viel-mehr umgekehrt in dem Falle, wo die Doktrin mit den Zähnen solcheAnschauungssormeln festzuhalten sucht, welche ihr die Ereignisse längstentrissen haben. In solchen Konflikten geschieht es, daß die Massenbeginnen über die Machtlosigkeit dessen, was man ihnen als das einzigHeilige hinstellt, die Achseln zu zucken und an jedem Prinzip zu ver-zweifeln. Ihre Sittlichkeit, d. h. der Glaube an allgemeine erhal-tende Wahrheiten wird umgekehrt nur dann sicher stehen, wenn siemit den thatsächlich bewährten Lebensregeln und dem dunklen Ge-fühl von der Strömung der Zeit in Einklang sich befindet. Auch diePrinzipien sind nicht in allen ihren Bestandtheilen ewig. Nachdemdie Kulturepoche der Humanität durch die der Nationalität verdrängt