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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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XLVI
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XI.VI

worden, sehen wir schon jetzt diese zu einer Konsequenz getrieben,welche deutliche Anzeichen der erreichten Grenze verräth. Prinzipienwerden nicht erfunden, sondern sie werden aus den Bedürfnissen undErfahrungen der Menschheit abgeleitet, zusammengefaßt. Nichts ist da-her so thöricht als die Warnung, nicht an Prinzipien zu rütteln, nichtdie Köpfe der großen Menge mit den Zweifeln bekannt zu machen,welche in den Köpfen Einzelner aufsteigen. Namentlich in einer nachallen Richtungen so von Bewegung durchfurchten Zeit steht die Ari-stokratie des Urtheils aus schwachen Füßen, und jede Erkenntniß, durchwelche überlieferte Anschauungen angebohrt werden, transpirirt raschin die Breite. Wer will sich z. B. der Wahrnehmung verschließen,daß die Lehren des Jahres 1866 in Deutschland bereits auf die inder Masse lebenden allgemeinen Ueberzeugungen umgestaltend einge-wirkt haben? Der sittliche Beruf bei Wendepunkten dieser Bedeutungbesteht gerade darin, den prinzipbildenden Prozeß zu fördern, denUebergang aus dunklen Empfindungen und Gleichgewichtsstörungendes Gewissens in bewußte Erkenntniß zu beschleunigen. DieserAufgabe entsprechen diejenigen, welche das Erhaltende und Belebendein den Erscheinungen aufsuchen und es vorn Zufälligen und Ver-derblichen zu reinigen suchen. Sie sind es, welche der Entwickelungdienen, nicht aber die, welche stolz darauf sind, das Tödtliche inden Ereignissen zu suchen und die Moral mit dem herrschenden Be-wußtsein, wie es ist und wie es sich nun einmal nicht dekretirenläßt, in Widerspruch zu setzen.