100
der Alles selbst zu thun, selbst zu sehen, selbst zu misten begehrt.Er hat Presse und Kammern mit allen erdenklichen Plackereien ge-quält und aufs Aeußerste getrieben. Aber sobald er einen Abgeord-neten oder einen Journalisten auf dem Wege der Vertraulichkeit oderder Verständigung zu gewinnen hoffte, bemühte er sich, ihn herbeizu-ziehen, und bei solchen Anlässen erging er sich nicht selten auf die un-gezwungenste oft sogar ganz rückhaltlose Weise in Gesprächen über dasganze Räderwerk der Staatsmaschine. Im Jahre 1849 schickte ereine Herausforderung an den Redakteur des Kladderadatsch, und später,während seiner Gesandtschaft am Bundestage, hatte ihn das Publi-kum sehr stark im Verdacht, manchmal an demselben Blatte verstoh-lenerweise mitzuarbeiten, besonders wenn dasselbe irgend eine gelungeneKarrikatur eines österreichischen Diplomaten brachte. Am liebsten aberließ er seiner bald herausfordernden, bald vergnüglichen Laune inden Sitzungen der Kammerausschüsse die Zügel schießen. Das zwang-lose Plaudern, dem er sich bei geschlossenen Thüren hingeben konnte,entsprach seinem Ingenium viel mehr als die öffentliche Beredsamkeit.„In solchen Momenten", sagt ein Zeuge dieser Diskussionen, „eilteau unseren Augen Alles in kaleidoskopartiger Verwirrung vorüber,und mit solcher Schnelligkeit, daß es unmöglich war zu folgen. Eswar ein merkwürdiger Abstand zwischen dem Ernst der in Ziffern undpositiven Thatsachen versenkten Commissionsmitglieder und dem mitFremdwörtern stark versetzten Geplauder des Ministers."
Um das Bild zu vervollständigen, können wir uns nicht ver-sagen, dem Zeugniß der Thatsachen und der Beobachter, das Akten-stück hinzuzufügen, in welchem der Minister es eines Tages unter-nahm, sich selbst vor dem Publikum und insbesondere vor dem fran-zösischen zu charakterisiren. Es ist damit schon gesagt, daß es sich hiernicht um ein Bekenntniß handelt, welches ohne Vorbehalt hinzunehmenwäre. Aber ohne zu vergessen, daß eine Vertheidigung in eigener Sache