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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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vier Jahren berief, war die Lage im höchsten Grade schwierig. Se.Majestät legte mir eine lange Liste liberaler Zugeständnisse vor, aberim Punkte der Militärfrage war keiner zu erwarten. Ich sagte zumKönig: ich nehme an: je liberaler sich die Regierung zeigen kann,desto besser. Allein von der einen Seite hat sich die Kammer, vonder andren die Krone hartnäckig gezeigt, und in diesem Konflikte standich auf Seite des Königs, meine persönliche Ehrfurcht vor ihm, meineganze Vergangenheit, alle meine Familienüberlieferungen machten mirdas zur Pflicht. Allein daß ich von Natur oder aus System derGegner der Rationalvertretung, der Feind des parlamentarischenWesens sein soll, das ist eine ganz grundlose Unterstellung. Ichwollte mich nicht vom Könige trennen, als die Berliner Kammer einerPolitik entgegentrat, die sich Preußen als eine Nothwendigkeit erstenRanges aufdrängte. Aber daß ich Deutschland mit meinem Parla-mentsentwurfe zu mystifiziren gedenke, diese Beleidigung hat Niemanddas Recht mir entgegen zu werfen. An dem Tage, an welchemmeine Aufgabe erfüllt ist und meine Pflichten gegen meinen Souverännicht mehr mit meinen Pflichten als Staatsmann sich vereinigenließen, könnte ich mich zum vollständigen Rücktritte entschließen, ohnedeshalb mein Werk verläugnen zu müssen".

Das sind im Wesentlichen, schließt Herr Vilbort, die politischenAnschauungen, welche Herr von Bismarck vor mir entwickelt hat.Seine Gedanken konnten unter meiner Feder vielleicht eine stärkereoder schwächere Färbung annehmen, ich habe es mir jedoch angelegensein lassen, sie so getreu als möglich wiederzugeben".

In dieser geistreichen Ergehung hat Herr von Bismarck Auf-schlüsse über die Natur des deutschen Charakters geboten, welche anmehr als einer Stelle nicht ohne Vorbehalt hingenommen werdendürfen. Man muß ihm indessen zugeben, daß unter den Zügen die erhervorhebt, einer vorkommt, den er mehr als jeder Andre zu beurtheilen