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Ziel führen, verschieden. Bei denjenigen, welche die wirtschaftlicheAutarkie, die wirtschaftliche Selbstgenügsamkeit erstreben, sind be-stimmend teilweise theoretische Erwägungen über die Gefahren, die sichaus den Beziehungen zum Weltmarkt ergeben. Es giebt ängstlicheSeelen, die an ihrem Schreibtisch zittern, wenn sie berechnen, daß etwaein Fünftel der deutschen Bevölkerung von ausländischem Getreide lebt,oder daß Millionen deutscher Arbeiter ihr Brot verdienen, indem sieindustrielle Erzeugnisse herstellen, die für den Absatz auf ausländischenMärkten berechnet sind. Der Gedanke, eines schönen Tages könntedas Ausland sich weigern, uns unsre industriellen Erzeugnisse abzu-nehmen und uns von seinem Getreide etwas zu verkaufen, kommtmanchen Leuten so beängstigend vor, daß sie die Beseitigung unsrerAbhängigkeit vom Weltmarkt als eine unerläßliche Sicherung unsrernationalen Existenz verlangen. Wir sollen unser Getreide selbst bauen,wir sollen auf einen industriellen Export verzichten, der uns einmalunmöglich gemacht werden könne, wir sollen uns auf den zu-verlässigen inneren Markt beschränken nnd unsre Beziehungen zudem zweifelhaften oder gar feindseligen und bösartigen Ausland aufdas notwendigste beschränken.
Zu diesen theoretischen Erwägungen gesellen sich schwerwiegendeund wichtige Interessen von eminenter praktischer Bedeutung, näm-lich die Interessen derjenigen Personen und derjenigen Berufszwcige.welche den ausländischen Wettbewerb unangenehm empfinden und dieRentabilität ihrer Betriebe durch die Konkurrenz des Auslandes be-droht sehen. Namentlich die Landwirtschaft, die den Druck der aus-ländischen Konkurrenz am stärksten zu fühlen hat, ruft nach immerstärkerem Schutz gegen das billige Brot, das uns das Ausland liefertund verlangt für sich das Recht, den inländischen Markt womöglichausschließlich versehen zu dürsen. Bis zum Jahre 1904 will dieLandwirtschaft, wie gelegentlich des Fleischbeschaugesetzes erklärtworden ist, im stände sein, den deutschen Fleischbedarf ausschließlichzu decken, so daß man dann unbedenklich eine völlige Grenzsperre fürFleisch einführen könne; und für Getreide hofft man bald ebensoweit zukommen.
Auf der Seite derjenigen, welche für die Erhaltung und Fortbildungunsrer Handelsbeziehungen zum Ausland eintreten, finden wir gleich-falls gewichtige Interessen praktischer Art. Unsre ganze Exportindustrie,unser ganzer überseeischer Handel beruhen in ihren Existenzbedingungen