Dritter Vortrag.Das Merkantilsystem und seine Kritik.
Bisher haben sich meine Darlegungen auf die Untersuchung be-schränkt, wie der auswärtige Handel im allgemeinen auf die einzelnenVolkswirtschaften einwirkt, und wie speciell die Ausdehnung des aus-wärtigen Handels seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, seit derepochemachenden Entwicklung und Ausbreitung der modernen Verkehrs-mittel, auf die europäischen Volkswirtschaften thatsächlich eingewirkthat, welchen Einfluß sie vor allem ausgeübt hat auf die Gestaltungder deutscheu Volkswirtschaft, auf ihre Beziehungen nach außen, aufihre innere Gliederung, auf ihre Versorgung mit Gütern und auf dieLebenshaltung der breiten Massen.
Von dieser Untersuchung der rein thatsächlichen Znsammenhängegehen wir heute auf ein neues Gebiet über; wir kommen zu der Frage,wie der Staat sich gegenüber dem auswärtigen Handelverhalten soll, wie weit die staatliche Gesetzgebung auf die Ge-staltung des Außenhandels einwirken kann und darf, ob sie den aus-wärtigen Handel, sei es im ganzen, sei es in einzelnen Zweigen, sreigewähren lassen, ob sie ihn befördern oder ob sie ihn hemmen undeinschränken soll. Kurz, wir kommen von der Betrachtung des Außen-handels und seiner Funktionen zu der Handelspolitik.
Unter Handelspolitik im weitesten Sinne versteht man denjenigenZweig der gesamten staatlichen Wirtschaftspolitik, der sich mit demHandel, sowohl dem Jnlandshandel, als anch dem Handel mit demAusland, beschäftigt. Man unterscheidet demnach die innere Handels-politik und die äußere Handelspolitik. Im gewöhnlichen und auch imwissenschaftlichen Sprachgebrauch hat jedoch das Wort Handelspolitikschlechthin immer mehr die Bedeutung der auswärtigen Handelspolitik