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angenommen; und auch dieser Cyklus von Vorlesungen wird sich aus-schließlich auf die Frage der Regelung der Handelsbeziehungen mitdem Ausland beschränken. Bei der großen Bedeutung, die der aus-wärtige Handel für die gesamte Volkswirtschaft uud für alle einzelnenBerufszweige hat, ist die Handelspolitik sehr viel mehr als eineRegelung der Verkehrsbeziehungen, an der nur der Handel selbst einInteresse hat, sie umfaßt vielmehr die ganze Thätigkeit des Staateszur Förderung seiner volkswirtschaftlichen Interessen im Verkehr mitdem Auslande. Die Handelspolitik kann die planmäßige Förderungbestimmter Industrien, sie kann den Schutz bestimmter Berufszweige(z. B. der Landwirtschaft) gegen die Konkurrenz des Auslandes zumZweck und zum Ausgangspunkt haben; sie umfaßt somit die gesamteWirtschaftspolitik, soweit es sich um deren Vertretung und Bethätigungnach außen hin handelt. Man hat deshalb die Handelspolitik auchals „äußere Wirtschaftspolitik" bezeichnet. Aber man kann ruhig denpopulären Ausdruck „Handelspolitik" beibehalten, denn alle die äußerenBeziehungen der einzelnen Zweige der Volkswirtschaft, auf die derStaat und seine Gesetzgebung einwirken, — alle diese äußeren Be-ziehungen werden vermittelt durch den internationalen Güteraustausch,durch den auswärtigen Handel; und die meisten der staatlichen Maß-regeln, welche die Wahrnehmung der eigenen wirtschaftlichen Interessennach außen hin bezwecken, halten sich an Vorgänge, die dem auswärtigenHandel angehören.
Eine Handelspolitik im modernen Sinne konnte sich erst entwickeln,nachdem die einzelnen nationalen Volkswirtschaften sich zusammen-geschlossen hatten und nach außen hin sich als Einheiten fühlten.Ihre Entstehung fällt mithin zusammen mit der Bildung großer,meist auf nationaler Grundlage beruhender Staatswesen. Solangedie einzelnen Städte und kleinen Staaten innerhalb derselben Volks-gemeinschaft politisch und wirtschaftlich relativ selbständig waren,verfolgte jeder einzelne kleine oder große Teilstaat uud jede einzelneStadt innerhalb der Teilstaaten rücksichtslos ihre eigenen wirt-schaftlichen und vor allem ihre fiskalischen Interessen, durch hoheEinfuhr- und Ausfuhrzölle, durch Handelsverbot für fremde Kaufleute,durch die Ausnutzung der ihnen verliehenen Stapel- und Umschlags-rechte. In Deutschland hat dieser Zustand erst durch die Begründungdes Zollvereins sein vollständiges Ende gefunden, durch die Begründungdes Zollvereins, der die meisten deutschen Staaten nach außen hin