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Gunst der natürlichen Bedingungen beruhende Blüte der Industrie dieAnhäufung der Bevölkerung hervorgerufen hat. Im allgemeinen be-obachten wir, daß diejenigen Orte und Gebiete, welche für die Industriebesonders günstige Naturbedingungen bieten, eine dichte Bevölkerungansammeln; es giebt aber auch Fälle, in welchen die Ursache für dieEntfaltung der Industrie mit ziemlicher Sicherheit in der Bevölke-rungsdichtigkeit und dem der Industrie dadurch zur Verfügung stehendenreichlichen Angebot von Arbeitskräften zu erkennen ist. Eins derhervorragendsten Beispiele ist Berlin , das für keine seiner zahl-reichen nnd großen Industrien ausfallend günstige Naturbedingungenbesitzt, weder Kohlen- noch Eisenbergwcrke, noch natürliche Kraft,noch die Lage an einer besonders günstigen Handelsstraße. Dagegenhat es sür die industrielle Produktion eine hervorragend günstigeBedingung in der Ansammlung der Bevölkerung, die teilweise fürden Absatz der industriellen Erzeugnisse, in noch viel höheremMaße jedoch für die Beschaffung der nötigen Arbeitskräfte in Betrachtkommt.
Auf der andern Seite ist für jedes nur einigermaßen fruchtbareLand mit dünner Bevölkerung, sobald es durch die erforderlichen Ver-kehrsmittel mit dem Weltmarkt verbunden ist, die extensive Landwirt-schaft der am meisten lohnende Erwerbszweig. Die Billigkeit odergar Unentgeltlichkeit des Bodens auf der einen Seite, die Knappheitder menschlichen Arbeitskräfte und des Kapitals auf der andern Seitedrängen förmlich uach dieser Richtung. Während die kapitalreichenund dicht besiedelten Länder darauf hingewiesen sind, Werte zn produ-zieren, welche überwiegend von dem Kapital und der menschlichen Ar-beitskraft erzeugt werden, finden kapitalarme und dünn besiedelteLänder ihren Vorteil darin, möglichst viel mit den natürlichen Kräftendes Bodens zu arbeiten. Unter allen Betrieben der Urproduktion er-fordert die Weidewirtschaft den geringsten Aufwand von menschlicherArbeit und von Kapital im Verhältnis zur Ausdehnung der Bodenflächen.Wenige Hirten genügen hier sür große Herden, die ausgedehnteWeidcflächen zur Voraussetzung haben. Wir finden die Weidewirt-schaft nicht nur dort, wo die Unfruchtbarkeit des Bodens eine andereAusnutzung ausschließt, wie z. B. vielfach in Hochthälern, sondernauch in den fruchtbarsten Ländern, solange ihre Besiedelung eine sehrdünne ist und Arbeitskräfte nnd Kapitalien nur in sehr beschränktemMaße vorhanden sind, während an Boden ein großer Überfluß be-