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Wechselkurs"; und mau setzte die Wechselkurse in direkte Verbindungmit der Handelsbilanz, indem man sagte: Überwiegt die Warenaus-fuhr, dann überwiegen auch die Geldforderungen an das Ausland, dieauf dem Markt als Angebot der auf das Ausland gezogenen Wechselerscheinen; überwiegt die Einfuhr, dann überwiegen die Zahlungs-verpflichtungen au das Ausland, die auf dem Geldmarkt als Nach-frage nach ausländischen Wechseln erscheinen. Eine günstige Handels-bilanz hat mithin günstige Wechselkurse und günstige Edelmetall-bewegungen zur Folge; eine ungünstige Handelsbilanz sührt umgekehrtzu ungünstigen Wechselkursen und zur Edelmetallausfuhr.
Sie sehen, wir haben hier eine vollständig in sich geschlosseneTheorie, die bereits einen großen Fortschritt des nationalökonomischenDenkens darstellte. Und von dieser Theorie haben sich wenigstens dieBezeichnungen bis auf den heutigen Tag erhalten. Wir sprechen heutenoch, in demselben Sinn wie die alten Merkantilisten, von günstigerund ungünstiger Handelsbilanz, oder — wenn wir es etwas neutralerausdrücken wollen — von aktiver und passiver Handelsbilanz, undvon günstigen und ungünstigen Wechselkursen, obwohl wir die merkan-tilistische Überschätzung der Edelmetallzufuhr nicht mehr teilen und ob-wohl wir heute wissen, daß die Handelsbilanz nicht allein entscheidendist für die Edelmetallbewegungen, geschweige denn sür die ganze Zunahmedes Wohlstandes und des Reichtums eines Landes. Ich will hier nurvorgreifend auf eine thatsächliche Erscheinung hinweisen, die mit derganzen merkantilistischen Theorie von der Handelsbilanz in flagrantemWiderspruch steht, auf die Erscheinung, daß die meisten der wohl-habenden Länder, allen voran England , seit langer Zeit eine soge-nannte ungünstige Handelsbilanz haben, und zwar nicht nur im Ver-hältnis zu dem einen oder andern bestimmten Land, sondern in derSumme ihres auswärtigen Handels. Die Merkantilisten selbst hattenbereits eine ähnliche Wahrnehmung gemacht, soweit der Handel miteinem bestimmten Lande in Betracht kam ; aber die Mangelhaftigkeit derHandelsstatistik konnte sie in der Täuschung belassen, daß der un-günstige Saldo im Verkehr mit einem Land ausgeglichen und über-wogen werde durch den Handel mit den übrigen Ländern. Es konntesich z. B. bereits im 17. Jahrhundert die Thatsache nicht der all-gemeinen Wahrnehmung entziehen, daß England in seinem Handels-verkehr mit Ostindien dauernd eine ungünstige Handelsbilanz hatte,und daß es fortgesetzt große Quantitäten von Silber nach Indien