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Handelspolitik : Vorträge gehalten in Hamburg im Winter 1900/01 im Auftrag der Hamburgischen Oberschulbehörde / von Karl Helfferich
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Konkurrenz zeigten sich in einer Anzahl von Ländern, namentlich inFrankreich und in Österreich stark genug, um die staatliche Zollgesetz-gebung wieder ins Fahrwasser des Protektionismus zu drängen; undals dann gegen Ende der 70er Jahre aus Bismarcks eigenster undenergischster Initiative heraus auch die deutsche Handelspolitik vonder nahezu vollkommen durchgeführten Handelsfreiheit mit einem plötz-lichen Ruck zum' Prinzip des Zollschutzes für die Gesamtheit dernationalen Erwerbszweige umschwenkte, da gab es kein Halten mehrauf der Bahn des Protektionismus. ES begann ein förmliches Wett-rennen zwischen den einzelnen Staaten. Jeder neue Zoll hier riefeinen neuen Zoll dort hervor, und mehr als ein Jahrzehnt lang triebensich die Staaten des europäischen Kontinents gegenseitig mit ihrenZöllen in die Höhe, bis es schließlich zu einer Reihe von Zollkriegenkam, so zwischen Frankreich einerseits, Italien, Spanien und derSchweiz andererseits, und zwischen Deutschland und Rußland . DieErkenntnis der schweren Schädigungen, die sich die einzelnen Ländergegenseitig zufügten, und die Erkenntnis der Notwendigkeit einesZusammenschlusses gegenüber den Absperruugstendenzen der VereinigtenStaaten und der geradezu prohibitiven Zollpolitik, die M^line inFrankreich inaugurierte, hat dann schließlich nach schwierigen Verhand-lungen zu den mitteleuropäischen Handelsverträgen des Jahres 1892und im Jahre 1894 auch zu dem Beitritt Rußlands geführt. Damitist ein Stillstand in der sich überstürzenden Hochflut des Protektionismuseingetreten und der auswärtige Handel der Vertragsländer erhielt für10 bis 12 Jahre hinaus eine gesicherte Grundlage.

Wir stehen nun vor der Frage, ob die Handelsverträge nur einekurze Episode bedeuten sollen, ob nach ihrem Ablauf im Jahre 1903der vertragslose Zustand und das Wettrennen in Schutzzöllen vonneuem beginnen werden, ob das System der Absperrung und dernationalwirtschaftlichen Isolierung, das mau vor Jahrzehnten bereitswissenschaftlich und praktisch überwunden glaubte, neue Triumphefeiern wird, und ob wir allmählich wieder ganz und gar zu denverkehrsfeindlichen Ansichten und Eingriffen des Merkantilismus zurück-kehren.

Der Termin des Ablaufs der in den Jahren 1892 bis 1894 ab-geschlossenen Handelsverträge wird nicht nur unsre Verkehrsbeziehungenzu denjenigen Ländern berühren, mit welchen diese Verträge abgeschlossenworden sind. Auch unser Verhältnis zu solchen Staaten, mit denen