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Aber es kann nicht genug gewarnt werden vor einer Überschätzung desauf diese Weise gewonnenen Materials. Die Zollforderungen einerkleinen, ihre Interessen energisch vertretenden Jnteressentengruppetreten laut und deutlich hervor, während das vielköpfige Konsumenten-publikum, das ein entgegengesetztes Interesse hat, meist zu schwerfälligist, um sich zu rühren. Die Zahlen der Produktionsstatistik ferner,so interessant ihre Ergebnisse auch sein mögen, werden je nach derprinzipiellen Stellung ihrer Beurteiler — diesen selbst vielleicht un-bewußt — so oder anders reden. Wenn ein Erwerbszweig umfang-reich ist und sich günstiger natürlicher Vorbedingungen erfreut, sollman daraus folgern, daß in diesem Zweig die Stärke der nationalenVolkswirtschaft beruht und daß dieser Zweig deshalb mit besonderemWohlwollen behandelt werden muß — wie etwa ein Gärtner einenBaum behandelt, der einen besonderen Reichtum an Früchten in Aus-sicht stellt —, oder soll man daraus folgern, daß dieser Zweig einekleine Benachteiligung durch die Handelspolitik zu Gunsten anderer,weniger gnt situierter Erwerbszweige, ganz gut ertragen könne? Oderwenn umgekehrt ein Erwerbszweig von beschränktem Umfang ist undnicht recht vorwärts kommen kann, soll man ihm deshalb eine be-sondere Förderung zu teil werden lassen oder soll man ihn, weil erfür die Hebung des Volkswohlstandes wenig verspricht, seinem Schicksalüberlassen? — Man hat ja bekanntlich von der Statistik behauptet,daß man mit ihren Zahlen alles beweisen könne, und was an diesemAusspruch Wahres ist, das trifft für die Verwendung der Zahlen inder praktischen Wirtschaftspolitik noch viel mehr zu als für ihrenGebrauch in der Wissenschaft. Dort wird stets die Gefahr vorhandenfein, daß man glaubt, unanfechtbare und uninteressierte Zahlen sprechenzu lassen, wo in Wirklichkeit nur der anfechtbare prinzipielle Stand-punkt und das Sonderinteresse des Beurteilers den an und für sichstummen Zahlen eine Sprache verleiht. Der Versuch, auf statistischemWege die Bedeutung der Sonderinteressen innerhalb der Volkswirt-schaft gewissermaßen zu wiegen und zu messen, um dadurch zu einereinwandsfreien, von willkürlichen Erwägungen unbeeinflußten Richt-schnur für die Neugestaltung unsrer Handelspolitik zn kommen, —dieser Versuch steht mithin auf einem sehr zweifelhaften Boden. Derganze Ausgangspunkt erscheint verfehlt. Statt von den Sonder-interessen auszugehen und Kompromisse zwischen den stärksten Inter-essengruppen zu erstreben, durch die alle übrigen Interessen doch