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ergeben, sind nun um so schwerer und verhängnisvoller, je kleiner dasWirtschaftsgebiet, d. h. je weniger entwickelt der Verkehr ist. Beimangelhaften Verkehrsmitteln — ich möchte hier auf gewisse Teiledes inneren Indiens verweisen — wechselt von Jahr zu Jahr er-drückende Fülle und verheerende Hungersnot. Das infolge mangel-hafter Verkehrsmittel oder infolge künstlicher Unterbindung des aus-wärtigen Handels isolierte Wirtschaftsgebiet ist weder im stände, vonseinem Überfluß etwas an das Ausland abzugeben, noch seinen Mangeldurch Bezug des Fehlenden aus dem Ausland zu decken. Im ersterenFall muß ein heftiger Niedergang der Preise die Produzenten aufsschwerste schädigen: sie ersticken in ihrem eigenen Überfluß; im letzterenFall werden die Konsumenten durch eine starke Teuerung oder gareine Hungersnot getroffen. Durch diese heftigen Schwankungen wirdstets die ganze Volkswirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. BilligePreise für Nahrungsmittel regen die Nachfrage nach Dingen einesweniger notwendigen Verbrauchs an uud gebeu dadurch Anlaß zueiner Ausdehnung der industriellen Thätigkeit, für die vielleicht imnächsten Jahr wieder alle Voraussetzungen fehlen. Teuerungspreiseschränken die Kaufkraft der großen Masse der Bevölkerung erheblichein und daraus ergiebt sich sür die Industrie eine Absatzstockung.
Diesen unvermittelten und heftigen Schwankungen, die jede stetigeWirtschastsentwicklung unmöglich machen, wirkt der Anschluß an dieWeltwirtschaft entgegen. Es ist eine bekannte und im Grunde ge-nommen durchaus natürliche Thatsache, daß die Weltproduktion vonNahrungsmitteln beträchtlich geringere Schwankungen aufweist, alsdie Ernten der einzelnen Länder. Ein Mißwachs in einem bestimmtenGebiet findet in der Regel seinen Ausgleich durch eine gute Ernte ineinem anderen. Als 1891 Mitteleuropa und Rußland einen ganz un-gewöhnlich schlechten Ernteausfall hatten, konnten Nordamerika undIndien, welche in demselben Jahre überaus reichliche Ernten zu ver-zeichnen hatten, in die Lücke springen. Die Preisschwankungen warendamals zwar sehr große, aber wie viel größer hätten sie sein müssen,wenn uns Amerika und Indien nicht zu Hilfe gekommen wären! DieTeuerung war am stärksten in Roggen, weil hier der Markt ein be-schränkter ist und neben Deutschland nur Rußland als bedeutendesProduktiousland in Betracht kommt. Die deutsche Roggenernte betrug1891 nur 4,7 Millionen Tonnen, während sie vorher sich ungefähr zwischen5'/s und 6 Millionen, nachher zwischen 6',s und 7'/2 Millionen Tonnen