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Handelspolitik : Vorträge gehalten in Hamburg im Winter 1900/01 im Auftrag der Hamburgischen Oberschulbehörde / von Karl Helfferich
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Über die Thatsache der außerordentlichen Besserung der wirtschaft-lichen Lage der deutschen Bevölkerung kann also ein Zweifel nicht be-stehen, ebensowenig darüber, daß diese gewaltige Besserung mit unsrerEntwicklung zum Industriestaat und mit der diese Entwicklung erstermöglichenden Ausdehnung unsres auswärtigen Handels eingetretenist. Während sich diese Verbesserung der Lebenshaltung vollzogen hat,ist unser Außenhandel von 6134 Millionen Mk. im Jahre 1875 auf10152 Millionen Mk. im Jahre 1899 angewachsen; in der Einfuhrvon 3573 auf 5784, in der Ausfuhr von 2561 auf 4368 MillionenMark. Gerade die Zeit der Handelsverträge hat sowohl die stärksteZunahme im Volkswohlstand, soweit er sich an den Verbrauchs-ziffern messen läßt, gebracht, wie auch die stärkste Zunahme desAußenhandels. Von 1894 bis 1899, also in fünf Jahren, ist unserAußenhandel von 7,3 auf 10,2 Milliarden Mark gestiegen, die Ausfuhrallein hat sich in diesen fünf Jahren von 3 Milliarden Mark aufnahezu 4'/2 Milliarden gehoben.

Trotz dieses zeitlichen Zusammenfallens muß man sich fragen:liegt hier ein Verhältnis von Ursache und Wirkung vor? ist dieSteigerung unsres Außenhandels und unser Übergang zum sogenanntenIndustriestaat die einzige oder wenigstens eine wesentliche Ursache desFortschritts unsres gesamten wirtschaftlichen Wohlstandes und unsrergesamten materiellen Kultur?

In allen solchen Fragen finden sich zum Widerspruch angelegteKöpfe, die geneigt sind zu sagen, nicht weil, sondern trotz . . .!So giebt es auch manche, die zu der Behauptung neigen, nicht weilwir uns der Weltwirtschaft als ein Glied eingefügt haben, fondern trotzunsrer industriestaatlichen Entwicklung haben sich unsre wirtschaft-lichen Verhältnisse so sehr gebessert. Die wirkliche Ursache seien dietechnischen Verbesserungen der Produktion u. s. w.

Niemand wird bestreiten. daß die Fortschritte der Technik derGütererzeugung wesentlich zu der günstigen Gestaltung des wirtschaft-lichen Wohlstandes beigetragen haben; aber der andere Faktor, derdiese Wirkung verstärkt, teilweise überhaupt erst ermöglicht hat, wareben die technische Verbesserung der Transportmittel. Erst die Aus-dehnung des Verkehrs hat die volle Ausnutzung der modernen Pro-duktionstechnik gestattet, ebenso wie umgekehrt das Bedürfnis nacheiner Erleichterung des Transports von Massengütern erst durch dietechnischen Voraussetzungen der Massenproduktion im ganzen Umfang