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Wir klar formuliert bei dem französischen Staatsphilosophen JeanBodin in seiner 1576 erschienenen Schrift „vs rspunliea". Dortfordert er die freie Einfuhr von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, einVerbot der Ausfuhr von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, dagegenhohe Einfuhrzölle auf fremde Fabrikate.
Der Merkantilismus gelangte auf diese Weise zur einseitigsten Be-günstigung der industriellen Thätigkeit, insbesondere der exportierendenIndustrie, für deren Entwicklung kein Opfer, das den andern Erwerbs-zweigen auferlegt wurde, zu groß erschien. Dabei war die Förderungder Industrie nicht Selbstzweck; man wollte sie heben, weil dieFabrikate höhere Werte darstellen, als die Rohstoffe und weil mithindie Ausfuhr von Jndustrieerzeugnissen als das wirksamste Mittel er-schien, möglichst viel Geld ins Land zu bringen. So sind die Mer-kantilisten Jndustriestaatler im verwegensten Sinne des Wortes ge-worden, und zwar — wenn ich mir diesen Ausblick auf unsregegenwärtigen Verhältnisse gestatten darf — auf Grund derselben Über-schätzung des Geldes, die heute bei manchen Leuten gerade zu derentgegengesetzten Auffassung führt. Wenn Sie die Leitartikel agrarischerBlätter und die Reden gewisser Parlamentarier lesen, da ist IhnenWohl manchesmal die Wendung begegnet: Wozu importiert Deutsch-land jährlich für ca. 200 Millionen Mk. Weizen und für etwa 100Millionen Mk. Roggen? Wenn wir das Getreide, das wir brauchen,im Lande selbst produzieren, so können wir uns das Geld sparen. Wennes auch im Inland nur zu höhereu Kosten produziert werden kann,als wir es vom Ausland kaufen können, wenn die Konsumenten auch400 oder 450 Millionen Mk. ausgeben müßten für das, was sie jetzt für300 Millionen Mk. vom Ausland kaufen können, so bleiben die 400oder 450 Millionen doch im Lande, während die 300 Millionen hin-ausgehen. Da haben Sie im agrarischen Lager ganz die merkantilistische,an der Geldeinfuhr und Geldausfuhr hängende Anschauungsweise,sie deckt sich ganz mit der eines deutschen Merkantilisten aus dem17. Jahrhundert (v. Hörnigk), der sagte, es sei besser, für eine Warezwei Thaler zu geben, die im Lande bleiben, als einen Thaler, derhinausgeht.
Seine theoretische Vollendung hat das Merkantilsystem im Laufdes 17. Jahrhunderts erhalten in der Theorie von der Handels-bilanz, in der in systematischer Weise die Grundanschauungen zu-sammengefaßt sind, die ich Ihnen bis jetzt dargestellt habe.