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Handelspolitik : Vorträge gehalten in Hamburg im Winter 1900/01 im Auftrag der Hamburgischen Oberschulbehörde / von Karl Helfferich
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des Reichtums angesehen wurde, verlor die Möglichkeit, etwa einenEinfuhrüberschuß mit Edelmetall bezahlen zu müssen, ihre Schrecken.Aber die neuen Theoretiker, namentlich der Philosoph David Hume und der Begründer der Nationalökonomie Adam Smith bestrittenüberhaupt die Möglichkeit einer dauernden Geldausfuhr, ebenso dieMöglichkeit einer dauernd starken Geldzufuhr. Schon einzelne Mer-kantilisten hatten die Beobachtung gemacht, daß jede starke Vermehrungder Geldmenge zu einem Sinken des Geldwertes oder, was dasselbe ist,zu einem allgemeinen Steigen der Preise führe, während umgekehrtjede starke Verminderung der Geldmenge den Geldwert erhöhe und dieWarenpreise drücke. Wenn sich nun zwischen zwei Ländern, die mit-einander in Handelsbeziehung stehen, infolge einer dauernd aktivenHandelsbilanz des einen Landes eine Verschiebung ihres Geldvorratesvollziehe, wenn also die Geldmenge in dem einen Land eine starkeVermehrung, im andern eine entsprechende Verminderung erfahre, somüsse sich in dem ersteren Land als notwendige Folge ein Steigen,im letzteren ein Sinken der Preise ergeben. Dadurch werde es fürdas erstere Land mit bisher günstiger Handelsbilanz vorteilhaft, ingrößerem Umfang als bisher in dem andern Land, in dem die Preisegesunken sind, zu kaufen; während es früher überwiegend Waren aus-geführt und Geld eingeführt hat, werde es jetzt seinen Vorteil dabeifinden, Geld auszuführen und Waren einzuführen. Das ganze Ver-hältnis werde sich mithin von selbst regulieren.

Gleichzeitig wurde darauf aufmerksam gemacht, daß die Handels-bilanz an sich keineswegs ausschlaggebend sei für die Gestaltung derEdelmetallbewegungcn. Die Zahlungen, welche die Länder für denÜberschuß ihrer Wareneinfuhr ans Ausland zu leisten haben, sindvielmehr nur ein Posten, allerdings der wichtigste, in der ganzenReihe der internationalen Zahlungen. Schon die Merkantilisten hattenerkannt, daß die Gewinne des internationalen Seehandels, die Frachtenund Spesen, welche das Ausland für die Vermittlung der internatio-nalen Transporte zahlt, dem Aktivsaldo der Handelsbilanz hinzu-gerechnet werden müssen. Dazu kommen nun aber noch die Zinsenvon Kapitalien, die an das Ausland geliehen sind, und die Einkünfteaus Unternehmungen aller Art, die von Landesangehörigen im Aus-land betrieben werden. Das sind alles Summen, die in der Handels-bilanz nicht in Erscheinung treten und die statistisch überhaupt nichterfaßt werden können, die aber das in der Handelsbilanz gegebene Bild