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Handelspolitik : Vorträge gehalten in Hamburg im Winter 1900/01 im Auftrag der Hamburgischen Oberschulbehörde / von Karl Helfferich
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ihren Vorteil dabei, wenn das erstere nur Tuch und das zweite nurEisen produziert und wenn sie ihren Überschuß miteinander aus-tauschen.

Ein solches Beispiel habe ich Ihnen ja bereits in meiner erstenVorlesung über die Bedeutung des Außenhandels gegeben, und damalshabe ich Ihnen auch ausführlich die Vorteile erläutert, die aus einemsolchen Austausch hervorgehen. Jetzt handelt es sich jedoch für unsum die Kehrseite, darum, was geschieht, wenn das eine oder dasandere der beiden Länder künstlich durch Zölle seine Tuch- und Eisen-produktion vorteilhaft machen will. Das erste Land, das von Naturungünstigere Bedingungen für die Eisenproduktion hat als das zweite,will seine Eisenproduktion durch einen Zoll schützen; da es nur zu200 produzieren kann, das andere Land aber zu 100, muß es einen Zollvon 100 auf das Eisen legen, wenn die Produktion im eigenen Landerentabel werden soll. Nunmehr kann das Ausland Eisen nicht mehrzu wenig über 100, sondern nur noch zu etwas über 200 anbieten es kommen ja zu den Produktionskosten außer dem Zoll auch nochder Handelsgewinn und die Transportkosten. Die Folge davon ist,daß nunmehr im ersteren Land die inländische Eisenproduktionkon-kurrenzfähig" ist, daß ihr, wie man es heute ausdrückt, derinnere Markt gesichert ist"; und alle Patrioten freuen sichüber die gute That. Aber was ist in Wirklichkeit das Ergebnis fürdie Volkswirtschaft? Ein Teil der Kapitalien und Arbeitskräfte, diesich sonst der Tuchindustrie zugewendet hätten, wenden sich nun zurEisenproduktion, weil diese nunmehr ebenso gutrentiert". Währendaber in der Tuchindustrie ein Kostenaufwand von 100 genügt hätte,um soviel Tuch zu produzieren, als nötig gewesen wäre, um dasganze notwendige Eisenquantum vom Ausland zu kaufen, wird jetztdas Eisen mit einem Kostenauswand von 200 im Lande gewonnen;es ist also der doppelte Arbcits- und Kapitalaufwand zu seiner Be-schaffung notwendig, als beim Freihandel. Alle Verbraucher vonEisen müssen die doppelten Preise bezahlen und was sie für das Eisenmehr ausgeben müssen, das beschränkt natürlich ihre Kauskraft fürandere Erzeugnisse und vermindert ihre Kapitalansammlnng. Kurz,durch den Zollschutz, der dem Betrieb eines weniger produktivenErwerbszweiges zugewendet wird, kann zwar die Rentabilität diesesErwerbszweiges gesteigert werden, die Produktivität der gesamtenVolkswirtschaft dagegen wird verringert; nur der freie Handel