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Wurde die Einfuhr von Weizen bei Preisen unter 80 Sh. Pro Quartergänzlich verboten. Der Getreidepreis in England sollte dadurch aufeiner Höhe gehalten werden, die nach Ansicht der Grundbesitzer zurDeckung der Produktionskosten ausreichen sollte. Es fällt schwer, dabeinicht an den Antrag Kanitz zu denken. Aber mit diesem Erfolg hattendie englischen Agrarier den Bogen zu straff gespannt. Im Jahre1828 mußten sie sich zu einer wesentlichen Milderung des Agrarschutzesherbeilassen, und zehn Jahre später wurde unter der Leitung vonRichard Cobdcn in Manchester die Anti-Kornzoll-Ligabegründet, die sich über das ganze Land verbreitete und zu einerpolitischen Macht wurde, der gegenüber sich die agrarischen Interessennicht länger halten konnten. Der Gedanke des Freihandels hatte inden breiten Massen Boden gefaßt, die Industriellen sahen ein, daßihnen die hohen Jndustriezölle nichts nutzten, daß sie nicht nur aufdem heimischen Markt, sondern auch auf dem freien Weltmarkt jederKonkurrenz gewachsen und überlegen waren, daß dagegen die Agrar-zölle eine Schwächung ihrer Stellung bedeuteten. Das Ergebnis war,daß von 1842 an unter der Leitung von Robert Peel in rascherFolge mit den meisten Zöllen gründlich aufgeräumt wurde, und daßvor allem das Gesetz vom 26. Juni 1846 die Getreidezölle bis aufden nur noch nominellen Betrag von 1 Sh. pro Quarter ermäßigte.Vom 1. Februar 1849 an trat dieser niedrige Satz in Kraft.
Vollständig durchgeführt wurde das System der Handelsfreiheitim Jahre 1860 auf Grund eines mit Frankreich abgeschlossenenHandelsvertrages. Alle Zölle, die zum Schutz einheimischer Erwerbs-zweige gedacht waren, wurden gänzlich abgeschafft und es blieben nurwenige sogen. Finanzzölle, meist auf Gegenstände, die in England selbst nicht produziert werden, so auf Tabak, Thee, Kaffee, Wein u. f. w.bestehen, deren einzige Bestimmung war. der Regierung Einnahmenabzuwerfen; also nur noch eine Form der indirekten Besteuerung, abernicht mehr ein Mittel der Handelspolitik.
Der Handelsvertrag zwischen England und Frankreich , in welchemFrankreich alle seine Einfuhrverbote aufhob und seine Zölle auf Kohlenund Eisen herabsetzte, hatte eine Reihe von weiteren Verträgen, diegleichfalls eine Milderung des handelspolitischen Absperrungsshstemsbedeuteten, zur Folge; der wichtigste davon war der Vertrag zwischenFrankreich und dem Teutschen Zollverein, der 1862 abgeschlossen wurdeund beiderseits beträchtliche Tarisherabsetzungen brachte. Wir werden