— 73 —
Agrikulturperiode, die Agrikultur-Manufakturperiode und schließlichdie Agrikultur-Manufaktur- und Handelsperiode. Jeder Übergangvon dem niedrigeren Zustand in den höheren erweitere die „Be-völkerungskapazität" des Landes und ermögliche eine reichliche Be-friedigung aller Bedürfnisse. Der Spielraum für die Bevölkerungwerde durch ein solches Aufsteigen erweitert, und die Lebenshaltungund damit auch das ganze Kulturniveau des Landes werde verbessert.Es ist klar, daß im Zustande der ursprünglichen Wildheit nur eineganz dünne Bevölkerung einen kärglichen Unterhalt finden kann,während ein Staat mit entwickeltem Ackerbau und entwickelter Industrieder hundertfachen Bevölkerung reichliche Nahrung gewährt. Es müssealso das Bestreben jedes Staates sein, auf der geschilderten Stufen-leiter der wirtschaftlichen Entwicklung möglichst hoch zu steigen; unddiesem Zweck habe die Handelspolitik vor allem zu dienen.
Deshalb stellte List seine Theorie als ein System der produk-tiven Kräste demjenigen der englischen Nationalökonomen gegenüber,das er als ein System der Tauschwerte bezeichnete. Er sagte:es ist zuzugeben, daß bei einer gegebenen Verteilung der produktivenKräfte das von den Engländern proklamierte Freihandelssystem jedemder beteiligten Staaten das Mazimum an Tauschwerten, an Güternzuführt. Aber viel wichtiger als die Erlangung von möglichst vielenGütern in einem gegebenen Augenblick ist für eine Nation die Erziehungihrer schlummernden produktiven Kräfte; und wenn diese Erziehungeinen vorübergehenden Verzicht auf das Maximum von Tauschwertenfordert, so ist dieses Opfer zu ertragen, denn es wird durch die Aus-bildung der produktiven Kräfte in der Zukunft reichlich zurückerstattet.Deshalb könne die Handelsfreiheit nicht als unbedingt gültiges Prinzipaufgestellt werden, die Handelspolitik habe sich vielmehr stets demZustande der wirtschaftlichen Entwicklung der Nation anzupassen.
Die Geschichte aller Länder zeige, daß der Übergang aus demZustand der ursprünglichen Wildheit zur Viehzucht, von der Viehzuchtzum Ackerbau, von Ackerbau zu den ersten Anfängen der Industrie,des Handels und der Schiffahrt angeregt und befördert werde durchdie Berührung mit weiter vorgeschrittenen Völkern; für diese Zweckeist deshalb möglichst freier Handel am vorteilhaftesten.
Dagegen habe sich überall gezeigt, daß die Ausbildung der Manu-fakturkraft, des Handels und der Schiffahrt eines Landes nur möglichsei, wenn die Handelspolitik der inländischen Industrie u. s. w. für