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verfügt durch ein Gesetz vom 14. April 1894. Nach diesem Gesetzwerden bei der Ausfuhr von Getreide, Hülsenfrüchten, Raps undRübsaat, ferner von Mühlen - und Malzfabrikaten dem ExporteurEinfuhrscheine zugewiesen, die zur zollfreien Einfuhr einer Waren-menge berechtigen, für die der gleiche Zollbetrag, wie für das ausge-führte Getreide u. s. w. zu entrichten wäre.
Die ausgeführten Quantitäten von Mehl und Malz werden nachbestimmten Verhältnissen auf Getreide reduziert. Es ist besondershervorzuheben, daß die Einfuhrscheine nicht nur zur zollfreien Einfuhrder entsprechenden Menge von Getreide u. s. w. berechtigen, sondern daßsie auch auf die Zollzahlung für bestimmte andere Waren, die inDeutschland selbst nicht produziert werden, wie Reis, Kaffee, Thee u. f. w.in Anrechnung gebracht werden.
Infolgedessen sind die Einfuhrscheine für die Getreide exportierendenLandwirte u. f. w. so gut wie bares Geld; sie können dieselben jeder-zeit an Importeure von Getreide und von anderen Waren, sür welchedie Einfuhrscheine als Zollzahlung gelten, veräußern zu einem Kurs,der dem Nennwert des Einfuhrscheines stets ganz nahe kommt.
Dadurch sind namentlich die an der Grenze und an der Meeres-küste seßhaften Landwirte in stand gesetzt, ihr Getreide nach demAuslande mit demselben Gewinn um den vollen Zollsatz billiger zuverkaufen als nach dem Inland. Während der Zoll sich darauf be-schränkt, die Einfuhr aus dem Ausland zu hemmen, solange nicht derInlandspreis um den vollen Zollsatz über dem Auslandspreis steht,befördert die Ausfuhrvergütung nach Aufhebung des Identitätsnach-weises den Export nach dem Ausland, solange nicht die volle Zoll-differenz zwischen Inlands- und Auslandspreis vorhanden ist. Vorder Aufhebung des Identitätsnachweises war ein Getreideexport ausDeutschland fast nur unter der Voraussetzung möglich, daß der Inlands-preis nicht merklich höher war als der Auslandspreis. In der ThatWurden in den Jahren 1891—93 durchschnittlich nur 291 TonnenWeizen und 432 Tonnen Roggen aus Deutschland exportiert; nachder Aufhebung des Identitätsnachweises ist die Getreideausfuhr ganzenorm gestiegen; der Weizenexport betrug 1899 197 400 Tonnen, derRoggenexport 120 500 Tonnen. Die Wirkung dieser Beförderung derAusfuhr auf die Inlandspreise ist sehr einfacher Natur. Solangelediglich ein Einfuhrzoll, aber keine entsprechende Ausfuhrvergütungbesteht, mag es vorkommen, daß eine reiche inländische Ernte den