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internationalen Verkehr von den Belästigungen, die mit den Einfuhr-zöllen verbunden sind, frei zu halten.
Wir können uns hier mit diesen Einrichtungen, mit diesen kleinerenMitteln der Handelspolitik nicht weiter beschäftigen; dazu ist unsreZeit zu kurz bemessen. Statt uns hier auf die Einzelheiten nähereinzulassen, wenden wir uns zu einer Frage, die für die neuere Handels-politik von der allergrößten Bedeutung ist, nämlich zu dem Problemder Handelsverträge.
Handelsverträge sind völkerrechtliche Verträge zwischen selbständigenStaaten, in denen die gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen geregeltwerden. Sie können teilweise von Dingen handeln, die mit dem aus-wärtigen Handel nur in loser Beziehung stehen; sie können z. B. denStaatsangehörigen der Vertragsländer Niedcrlassungsfreiheit und dasRecht zum Gewerbebetrieb unter denselben Bedingungen gewährleisten,wie den eigenen Unterthanen. Der wichtigste Inhalt der meistenHandelsverträge beschäftigt sich jedoch mit dem gegenseitigen Waren-verkehr der betr. Staaten; sie setzen die Bedingungen fest, unter welchendie verschiedenen Arten von Waren die Grenze passieren dürfen; unddiese Bedingungen sind eben in den meisten Fällen die Zölle. Häufigwird ausdrücklich vereinbart, daß der Warenverkehr — abgesehen vonAusnahmefällen — nicht durch Einfuhr-, Ausfuhr-, und Durchfuhr-verbote gehemmt werden darf. Auf den zollpolitischeu Vereinbarungenliegt durchaus der Schwerpunkt der modernen Handelsverträge.
Jeder Vertrag beschränkt in gewisser Hinsicht die Autonomie dervertragschließenden Staaten, er verpflichtet sie zu gewissen Handlungenund Unterlassungen. Das Verlangen nach autonomer Zollgesetz-gebung bedeutet deshalb eine Abweisung jeder vertragsmäßigen Ab-machung über die Zollpolitik. Das Verlangen nach einem autonomenZolltarif wird damit begründet, der Staat müfse zur Währung derwirtschaftlichen Interessen der nationalen Produktion freie Handbehalten, er dürfe sich nicht dem Auslande gegenüber im Interessedes Auslands binden. Es wird dabei übersehen, daß die Bindung nie-mals eine einseitige ist, daß jeder Vertrag, der überhaupt diesenNamen verdient, aus Leistung und Gegenleistung besteht. DasselbeInteresse, welches andere Staaten daran haben, daß ihr Handels-verkehr mit Deutschland auf einer gesicherten und vertragsmäßigfestgelegten Basis beruht, — dasselbe Interesse haben wir daran,daß unsre Handelsbeziehungen mit dem Ausland auf eine stabile