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Handelspolitik : Vorträge gehalten in Hamburg im Winter 1900/01 im Auftrag der Hamburgischen Oberschulbehörde / von Karl Helfferich
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schränkte sich jedoch darauf, die dem Zollverein feindlichen Einzel-staaten, so namentlich Hannover , im geheimen in ihren Bestrebungenzu unterstützen. Einen Eintritt Österreichs in den Zollverein oder dieBildung eines antipreußischen Zollvereins mit den süddeutschen Staatenhielt er sür unthunlich.

In dieser Politik trat eine Wendung ein. als nach Metter-nichs Sturz Fürst Schwarzen berg die Regierung übernahm.Sein Ziel war,Großdeutschland unter der Leitung Gesamtösterreichs",und als Mittel zu diesem Ziel sollte vor allem der handelspolitischeZusammenschluß der deutschen Staaten mit Österreich dienen. DieserPlan wurde vor allem betrieben durch Schwarzenbergs Handels-minister, Baron von Brück, der in einer Denkschrift an die Bundes-kommission zu Frankfurt im Jahre 1850 folgendes ausführt:

Als den wichtigsten Schritt zu der politischen Einigung Öster-reichs und Deutschlands , gebaut nicht auf der Oberherrlichkeit dieses oderjenes Staates, sondern auf der organischen Einheit der Interessen, alsBürgschaft für eine glückliche Lösung der Wirrnisse, sowie für einegeordnete Entwicklung der inneren Zustände, betrachtet jeder durchSonderbelange nicht befangene Deutsche, wie jeder unbefangene Öster-reicher die österreichisch-deutsche Zolleiniguug. Denn ein deutscherpolitischer Verein muß in unsrer Zeit auch zum Zollverein werden,und umgekehrt; oder das eine wie das andere bleibt eine Unwahrheit,eine Täuschung."

Hier wurde also klipp und klar die politische Tendenz der öster-reichischen Zollvereinigungsbestrebungcn ausgesprochen. Der wirtschaft-liche Gesichtspunkt trat für die österreichischen Staatsmänner ganz inden Hintergrund. Österreich hatte sür die nächste Zeit von einemAusgehen in den Zollverein kaum wirtschaftliche Vorteile zu erwarten.Seine unter dem Schutz eines strengen Prohibitivsystems großgezogeneIndustrie war in den meisten Zweigen der deutschen Konkurrenz nichtgewachsen, und deshalb nahmen auch die österreichischen Industriellenentschieden Stellung gegen die zollpolitischen Pläne ihrer Regierung.Die Regierung aber ließ sich dadurch nicht irre machen, sie glaubte,für ihre großen politischen Ziele eventuell auch bedeutende wirtschaft-liche Interessen opfern zu dürfen.

Einer zollpolitischen Vereinigung Gesamtdeutschlands, wie sie dieösterreichische Regierung damals erstrebte, stand nun der bestehendeZollverein durchaus im Wege. Dort hatte Preußen die Führung.

Helfferich, Handclspolitik. 8