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Eiseuindustriellen bei den obwaltenden Absatzschwierigkeiten nach Schutzgegen die ausländische Konkurrenz riefen. Der englische und teilweiseauch der französische Wettbewerb wurden verantwortlich gemacht fürdie schwierige Lage der deutschen Eisenindustrie, und es wurden Zoll-maßregeln verlangt, die der deutscheu Eisenindustrie den Absatz aufdem innern Markte möglichst ausschließlich sichern sollten.
Zu Beginn des Jahres 1876 wurde zum Zweck einer umfassendenfchutzzöllnerischen Agitation der „Ccntralvcrband deutscher Industrieller"gebildet, der bis zum heutigen Tage die mächtige Organisation desprotektionistischen Teils der deutschen Industrie darstellt- Außer denEisenindustriellen traten ihm vor allem bei die Banmwollspinner, dieSoda- und die Zuckcrfabrikanten.
Der Centralverband entfaltete sofort eine umfassende agitatorischeThätigkeit, und er verlangte in einer Eingabe an den Reichskanzlereine Enquete über die Lage der Industrie. Dabei sprach die Eingabedie Erwartung aus, ,,daß die bestehenden Handelsverträge rechtzeitiggekündigt würden und daß die Regierung darauf Bedacht nehmenwerde, die Interessen des vaterländischen Gewerbefleißes bei den neuabzuschließenden Verträgen in rationellerer Weise zu wahren, als diesbei den früheren Verträgen erreicht worden sei."
Das nächste praktische Ziel der industriellen Schutzzöllner war.die Hinausschiebung des Termins der Zollfrciheit für Eisenwaren, deram 1. Januar 1877 eintreten sollte, zu erwirken. Der Reichstag wurde mit mehrfachen Anträgen dieser Art beschäftigt, aber allewurden mit großer Majorität abgelehnt, zuletzt am 13. Dezember 1870mit 201 gegen 116 Stimmen.
Die Reichsregierung selbst verhielt sich jedoch in jener Zeit bereitsschwankend gegenüber den neuen handelspolitischen Strömungen. Bis-marck hatte noch in einer Reichstagsrede vom 22. November 1875 dieAufhebung von allen Zöllen mit Ausnahme von hohen Finanzzöllenauf 10—15 Artikel als das erstrebenswerte Ziel bezeichnet; aber in-zwischen war er an diesem Ziel irre geworden. Delbrück , der eigent-liche Träger der liberalen Handelspolitik sah den Umschwung kommenund trat im Frühjahr 1876 zurück. Bismarck begann von diesemZeitpunkte an die Leitung der Handelspolitik voll und ganz in seineeigene Hand zu nehmen.
In der Absicht, andre Wege zu gehen, wurde er bestärkt durchdie Schwierigkeiten, welche die Verhandlungen mit Österreich über die