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Handelspolitik : Vorträge gehalten in Hamburg im Winter 1900/01 im Auftrag der Hamburgischen Oberschulbehörde / von Karl Helfferich
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Belastung für unsre industrielle Konkurrenzfähigkeit, eine Belastung,die wir nicht durch weitere Zollerhöhungen noch erschweren dürfen,wenn nicht ein Teil unsres industriellen Absatzes verloren gehen soll.Dann aber würden die betroffenen inländischen Unternehmer nicht nurihr Einkommen verlieren und das in ihren Unternehmungen steckendeKapital zum größten Teil entwertet sehen, sondern auch die von ihnenbeschäftigten Arbeiter würden ihre Beschäftigung einbüßen und ge-nötigt werden, zu ungünstigeren Bedingungen anderwärts ihr Brot zusuchen. Diese Wirkung würde sich selbst dann fühlbar machen, wenndie Länder, die mit uns in Handelsverkehr stehen und die für denAbsatz unsrer Jndustrieprodükte vorwiegend in Betracht kommen,während sie für ihren Export von Agrarprodukten zum erhebliche::Teil auf Deutschland angewiesen sind, wenn diese Länder sich ruhigdie Erhöhung der deutschen Agrarzölle gefallen ließen, ohne die min-desten Repressalien zu ergreifen, wenn diese Länder sogar ohne weiterestrotz der Erhöhung der Getreidezölle die bestehenden Handelsverträgeerneuern würden. An eine solche günstige Möglichkeit ist aber, wieich Ihnen in meinem letzten Vortrag gezeigt habe, gar nicht zu denken.Der günstigste Fall, der überhaupt in Betracht gezogen werden kann,ist der, daß Rußland und die übrigen Länder, die hier von Bedeutungsind, die Zölle auf die deutschen Fabrikate in gleichem Maße erhöhenwerden, wie wir die Zölle auf ihre Agrarprodukte erhöhen. Wenn sichdie deutsche Regierung mit einer so schweren Schädigung der deutschen Industrie zufrieden giebt, dann ist es ja möglich, daß neue Handels-verträge zustande kommen, Handelsverträge, die prohibitive Zöllehier wie dort enthalten würden und die ihren Namen nur noch daherleiten könnten, daß sie Verträge gegen den Handel darstellten. Wennaber unsrer Regierung die Gegenmaßregeln des Auslands gegen unsreGetreidezölle zu weit gehen, dann wird eine friedliche Einigung gänz-lich unmöglich sein, und nach den Herren vom Bund der Landwirtehat Deutschland ja einen Zollkrieg mit Rußland , Österreich-Ungarn,Amerika, England und einigen andern Ländern durchaus nicht zufürchten. Wer diese mutige Zuversicht nicht teilt, der wird als einantinationalcr Geselle und als ein Feigling, der sich vor dem Aus-land fürchtet, gebrandmarkt. Es handelt sich hier aber nicht um Mutoder Furcht, sondern um die objektive Erwägung der Eventualitäten,zu denen eine Erhöhung der Getreidezölle führen kann; und der Mutmit dem man nicht seine eigene Haut, sondern eine fremde zu Markt